Je mehr Verantwortung, desto mehr Stress. Oder etwa doch nicht? Eine amerikanische Studie kam diesbezüglich zu einem verblüffenden Ergebnis: Mitarbeiter sind in der Regel gestresster als Ihre Vorgesetzten.
Studie belegt: Führungskräfte haben weniger Stress
Nun ist es amtlich: Untergebene übertrumpfen ihre Vorgesetzten – zumindest was den Stresspegel anbelangt. Der US-amerikanische Wissenschaftler Gary Sherman und sein Team haben 148 Probanden aus Führungssektoren mit einer zufälligen Auswahl von 65 Arbeitnehmern verglichen. Alle Führungskräfte waren Teil eines Weiterbildungsprogramms und trugen Verantwortung für mehrere Mitarbeiter.

Stress und Zeitdruck am Arbeitsplatz sind weit verbreitet – aber wer hat am meisten mit Stress zu kämpfen?
In einem Fragebogen gaben die Teilnehmer an, wie stressig oder belastend ihr Berufsalltag ist. Zusätzlich wurden ihnen Speichelproben entnommen, welche auf das Stresshormon Cortisol hin untersucht wurden.
Das Ergebnis: Die Manager klagten subjektiv weniger über Stress. Bestätigt wurde diese Einschätzung außerdem durch die entnommene Speichelprobe.
Vom Ergebnis verblüfft wurde die Neugierde der Wissenschaftler angefacht. Man initiierte eine zweite Studie, die sich ausschließlich mit Führungskräften befasste. Diese wurden aus verschiedenen Management-Ebenen rekrutiert. Das Resultat fiel wiederum ähnlich aus: Je höher ein Proband die Karriereleiter erklommen hatte, desto entspannter gestaltete sich sein Arbeitsalltag subjektiv.
Anhand einzelner Ausnahmen konnten die Wissenschaftler schließlich auf den Grund dieses Zusammenhangs schließen. Stressgeplagten Führungskräften war in ihrem Berufsalltag nicht die Möglichkeit gegeben, Aufgaben an die darunterliegende Hierarchiestufe zu delegieren. Sie mussten vielmehr zahlreichen Mitarbeitern direkte Anweisungen geben und hatten deshalb mit dem Gefühl des Kontrollverlustes zu kämpfen. Aus diesen Ergebnissen schlussfolgern die Wissenschaftler, dass das Gefühl von Kontrolle dem Stress entgegenwirkt und ihn zumindest zum Teil mildern kann.
Die Kontrolle macht‘s
Die Studie gibt keinen Aufschluss über die persönliche Veranlagung der Teilnehmer. Womöglich hat eine gewisse Stressresistenz überhaupt erst zum Aufstieg der Manager beigetragen. Abgesehen davon erscheinen die Studienergebnisse eigentlich logisch. Auch frühere Untersuchungen lassen einen Zusammenhang zwischen Kontrollgefühl und Stressempfinden vermuten. Neben der Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren, spielt auch die Konkurrenzsituation eine wichtige Rolle. Existiert keine unmittelbare Konkurrenz, die auf den eigenen Posten lauert, fühlt man sich sicher und souverän.
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