Grün sein ist in. Darum schmücken sich zahlreiche Firmen mit einem grünen Anstrich, indem sie in Kampagnen ihre Corporate Social Responsibility betonen oder eine „grüne“ Produktlinie auf den Markt bringen. „Grüne Überzeugung“ ist für viele Unternehmen zum Marketinginstrument und für zahlreiche Konsumenten zum Lifestyle-Trend geworden. Besonders in der skandalumwitterten Textilbranche wird man diesbezüglich fündig.
Von naiv zu skeptisch
Ökologisches Engagement und fairer Handel sind Verkaufsargumente, die verunsicherten Verbrauchern ein angenehmes Gefühl vermitteln. Wer möchte schon in Kleidung herumlaufen, die auf Kosten der herstellenden Arbeiter produziert wurde? Keine Frage, fair und umweltverträglich zu produzieren, erfordert die Einhaltung zahlreicher Auflagen. Ein T-Shirt, das für drei Euro über die Ladentheke geht, kann diese nur schwerlich erfüllen.
Der sparsame Verbraucher aber schenkt der Mär der günstigen Textil-Produktion nur zu gerne Glauben und wischt Bedenken und Skepsis mit einem Griff ins Münzfach seines Portemonnaies beiseite. Signalwörter wie „Bio“ oder „Öko“ schaffen Vertrauen, das nicht selten enttäuscht wird.
Wer schlicht auf der Suche nach einem Shirt ist, kann natürlich nicht den kompletten Produktionsweg des Kleidungsstücks nachvollziehen, aber er kann zumindest Fragen stellen.
Vor allem steht die Information
Wem „grün sein“ am Herzen liegt, lässt nicht nur Skepsis walten, sondern auch Wissen. Die neuesten Studien von Stiftung Warentest, Greenpeace und Co. hat vermutlich kaum einer parat, aber die große Mehrheit aller Konsumenten hat nicht nur ein lückenhaftes Wissen über Textilproduktion, sondern im Grunde überhaupt keines. Sicherlich hat man bereits den einen oder anderen Artikel zu fairer Kleidung gelesen oder eine reißerische Reportage über die Missstände in der Textilproduktion im Fernsehen verfolgt. Doch was weiß man eigentlich wirklich über sozial- und umweltgerechte Mode-Herstellung?
Wir haben uns über die Grundzüge fairer Kleidungsherstellung schlau gemacht und die zentralen Fakten für Sie zusammengestellt:
Was ist eigentlich Bio-Baumwolle?
Das zentrale Kriterium der Bio-Baumwolle ist der ökologische Landbau. Im Gegensatz zum konventionellen Baumwollanbau ist der Einsatz von chemischen Pestiziden und Düngemitteln untersagt.
Gedüngt wird mit Mist oder Kompost. Dadurch erhöhen sich der Humusanteil des Bodens und damit auch die Bodenfruchtbarkeit. Der Erdboden kann nun mehr Wasser und CO2 speichern. Der so genannte Fruchtwechsel, an welchen sich die Bauern halten müssen, wirkt sich ebenfalls positiv auf die Bodenqualität und die Nachhaltigkeit des Anbaus aus. Indem nämlich die Baumwolle im Wechsel mit anderen Kulturen angebaut wird, beugt man der unkontrollierten Vermehrung von Schädlingen vor. Teilweise werden mit der Baumwolle sogar weitere Pflanzen ausgebracht. Auch diese Maßnahme dient dem Schutz der Baumwolle. So locken beispielweise Sonnenblumen, welche um das Baumwollfeld herum gepflanzt wurden, Schädlinge an und bewahren die wertvollen Baumwollpflanzen vor Schaden.
Die Ernte der Baumwolle gestaltet sich im ökologischen Anbau ebenfalls anders: Während beim konventionellen Baumwoll-Anbau häufig Entlaubungsmittel eingesetzt werden, um die maschinelle Ernte zu erleichtern, wird Bio-Baumwolle per Hand eingebracht.
Und „Bio-Synthetik“?
Über 50% aller Kleidungsstücke auf dem Weltmarkt bestehen aus Kunstfasern, welche den Rohstoff Erdöl für ihre Herstellung benötigen. Dafür wird bei der Synthetik-Produktion im Vergleich zum Baumwoll-Anbau wesentlich weniger Wasser verbraucht.
Auch bei Kunstfasern kann auf diverse Chemikalien verzichtet werden. Davon abgesehen kann Synthetik sogar recycelt werden.
Welche Begriffe sind für den Verbraucher beim Kauf von Kleidung ausschlaggebend?
Obgleich man den Eindruck hat, die Begriffe „Bio“ und „Öko“ würden teilweise schon inflationär gebraucht werden, sind sie es tatsächlich, die dem Konsumenten einen ersten Anhaltspunkt für seine Kaufentscheidung bieten. „Bio“, „Öko“ oder „ aus kontrolliert biologischem Anbau“ sind sowohl bei Lebensmitteln wie auch bei der Baumwolle geschützt und dürfen nur vergeben werden, wenn bestimmte Richtlinien eingehalten werden. Eine unabhängige Zertifizierungsstelle überprüft die Produktionsketten der einzelnen Unternehmen dahingehend.
Und was ist mit „fair“?
Bio ist nicht gleich fair. Zumindest wird die soziale Verträglichkeit der Kleidungsherstellung nicht vom Bio-Zertifikat erfasst. Natürlich hat der Bio-Anbau positive Auswirkungen auf den Baumwoll-Bauern, der gesünder produziert und in der Regel bessere Preise für seine Ware erzielt.
Dennoch sollte man als Verbraucher neben der Bio-Qualität auch die Fairness explizit unter die Lupe nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man den Einsatz von Kinderarbeit in der Kleidungsherstellung vermeiden möchte. Auch auf Baumwollplantagen kann das vorkommen. Vom Verein Transfair ausgezeichnete Fairtrade-Baumwolle ist frei von Kinderarbeit. Auch weitere Produktionsschritte werden vom Fairtrade-Siegel abgedeckt. Damit sollen Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz ebenso wie Organisationsfreiheit oder geregelte Arbeitszeiten gewährleistet werden.
Was sagt die „Ökobilanz“ eines Kleidungsstücks aus?
Bis ein fertiges T-Shirt unseren Kleiderschrank ziert, legt es einen weiten Weg zurück und hat unter Umständen schon mehr Länder bereist als sein zukünftiger Träger. In die Ökobilanz fließen aber wesentlich mehr Faktoren ein als seine Reiseetappen. Es stellen sich Fragen wie: Wie oft wasche ich das T-Shirt? Welches Waschmittel verwende ich hierzu? Und Trockner oder Leine?
Und was bedeutet „klimaneutral“?
Ein Bekleidungshersteller, der klimaneutral produziert, macht den in der Produktionskette ausgestoßenen Kohlendioxid-Anteil wieder wett, indem er in andere Maßnahmen zur CO2-Einsparung investiert. Zudem wird die Produktions- und Warenkette der Kleidungsstücke genau unter die Lupe genommen und um unnötige Transportstrecken reduziert.
Gar nicht so einfach, im Bio- und Öko-Dschungel der Modeindustrie den Überblick zu behalten…Wir haben deshalb abschließend noch zwei Tipps für Sie:
Erstens: Wechseln Sie Ihre Garderobe nicht saisonal. Die beste Ökobilanz eines Kleidungsstücks wird immer noch dadurch erzielt, dass es lange in Gebrauch ist.
Zweitens: Sollten Sie beim Kleidungskauf verunsichert sein, ob es sich bei den wohlklingenden Slogans nur um Marketinginstrumente handelt, dann halten Sie sich lieber an verhältnismäßig kleine Modeläden und –Online-Shops. Viele „grüne“ Hersteller sind tatsächlich Überzeugungstäter und handeln aus einem Verantwortungsbewusstsein für sozial- und umweltverträgliche Kleidung heraus. Auf Nachfrage erhalten Sie dort Hintergrundinformationen zum einzelnen Produkt und können sich ein genaueres Bild der Produktion machen.
Glücklicherweise wächst die Anzahl vorbildlicher Bekleidungshersteller kontinuierlich. Ein Beispiel eines solchen Mode-Shops ist 3Freunde. „Bio“, „Fair“ und „Klimaneutral“ haben sie sich auf das Logo geschrieben und geben auf ihrem Shop und Blog ausführlich Auskunft über ihre Motivation, Einstellung und ihre Maßnahmen zur Produktion „grüner“ Mode. Das Tolle daran: Die Kleidung ist nicht nur absolut erschwinglich, sondern auch schön kreativ. Wer will, kann sogar selbst unter die Designer gehen und sein eigenes Shirt gestalten – natürlich auf fairer Bio-Baumwolle!
Bilder: © 3Freunde